346: Dieses Jahr ist alles anders

Easy German Podcast
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Intro: Heiligabend

Cari:
[0:15] Frohe Weihnachten, Manuel.

Manuel:
[0:17] Frohe Weihnachten, Cari. Diese Episode erscheint am 24. Dezember 2022 und das ist Heiligabend, der Tag, an dem man in Deutschland Weihnachten feiert. Die beiden Tage danach natürlich auch, aber Heiligabend gibt es bei uns die Geschenke.

Cari:
[0:39] Ich wollte gerade sagen, wir feiern ja eigentlich drei Tage, manche sogar noch länger. Aber der 24. ist schon der wichtigste Tag für uns, ne? Also da kommt man mit der Familie zusammen. Was machen wir jetzt gerade, wenn die Leute uns hören? Was würdest du machen, so, Samstag, am 24., so gegen Mittag?

Manuel:
[0:57] Da bin ich zu Hause bei meiner Mama und da werde ich wahrscheinlich ganz … Also bei uns ist das immer ganz entspannt und gemütlich. Es gibt kein großes Programm. Irgendwann am späten Nachmittag oder abends machen wir so eine kleine Mini-Bescherung. Bei uns, wir machen nicht viel mit Geschenken oder so.

Cari:
[1:19] Mini-Bescherung? Was ist das für ein Wort?

Manuel:
[1:21] Also die Bescherung ist, wenn es Geschenke gibt oder wenn man, ja, Geschenke auch austauscht. Und bei uns ist das im kleinen Rahmen und danach essen wir dann ganz gemütlich Abendessen.

Cari:
[1:34] Das ist ja schön. Ich muss sagen, bei uns ist das Programm auch immer weiter geschrumpft. Früher, als wir Kinder waren, vielleicht kam mir das auch nur so lang vor, aber da gab es verschiedene Sachen. Wir mussten in die Kirche gehen, das mochte ich immer nicht so sehr. Dann mussten wir singen oder irgendwelche Lieder spielen. Dann wurden Lieder gehört. Dann gab es Geschenke, dann gab es Essen usw. Jetzt beschränkt sich das auf Alkohol trinken, Geschenke auspacken und lecker essen.

Manuel:
[2:06] Ja, das Wichtigste. Das, was dazugehört.

Cari:
[2:08] Und was ich meistens am Morgen … Also wenn ihr das jetzt direkt am Samstagmorgen hört, dann sitze ich und packe noch hektisch Geschenke ein.

Manuel:
[2:17] Stimmt. Als Kind wacht man auf und kann es kaum erwarten, weil es abends dann die Geschenke gibt. Und als Erwachsener wacht man morgens auf und denkt: "Oh, ich muss noch ein paar Geschenke einpacken." Und manche gehen auch noch schnell Geschenke kaufen an Heiligabend.

Cari:
[2:30] Stimmt, ja, das habe ich auch schon mal gemacht. Ist aber nicht zu empfehlen, das ist die schlimmste Zeit. Also ich war ja jetzt gerade schon hier in einem Geschäft und wollte ein Buch kaufen und es war unendlich voll. Und eigentlich muss ich mir das wirklich merken, nächstes Jahr die Geschenke früher zu kaufen.

Unsere Hausmitteilung: Meetups und Live-Podcasts

Manuel:
[2:52] Ja, dann, in einer Woche ungefähr, kurz nach Weihnachten, sitzen wir im Flieger, denn wir reisen in die USA und nach Mexiko. Eigentlich umgekehrt, erst nach Mexiko, dann in die USA.

Cari:
[3:08] Bist du schon aufgeregt, Manuel?

Manuel:
[3:09] Mittlerweile bin ich ziemlich aufgeregt, denn unsere Planungen laufen auch auf Hochtouren. Wir planen dort ein paar Videos natürlich und vor allem planen wir aber Events, Meetups und eventuell auch eine Live-Podcast-Aufnahme oder sogar zwei. Das heißt, wir möchten euch treffen. Und wenn ihr entweder in Mexiko oder in den USA …

Cari:
[3:37] In Kalifornien, muss man sagen. Die USA sind riesig und mir schreiben auch Leute aus Ohio und New York und wollen uns treffen. Leider, leider kommen wir da nicht hin diesmal.

Manuel:
[3:47] Man kann ja auch einen Roadtrip machen nach Kalifornien.

Cari:
[3:50] Ja, kann man.

Manuel:
[3:51] Wenn man möchte. Also, ihr findet unsere Events auf easygerman.org/meetups. Dort gibt es eine Übersicht über alle Events, die wir geplant haben, und dort könnt ihr euch auch registrieren. Das ist wichtig, denn es gibt eine begrenzte Platzzahl bei allen Events.

Cari:
[4:11] Jetzt sag doch mal, wo wir hinfahren, Manuel. Ich bin schon ganz aufgeregt. Oh, da kommt eine Nachricht. Ist das noch eine Nachricht aus Mexiko mit den letzten Planungen?

Manuel:
[4:18] Genau. Nee, wo fahren wir hin? Wir fahren nach Cholula. Das ist bei Puebla in Mexiko.

Cari:
[4:26] Und da hast du mal gelebt.

Manuel:
[4:28] Da habe ich mal gelebt, deswegen bin ich da besonders aufgeregt.

Cari:
[4:31] Machen wir da einen Homecoming-Ball oder so was? (Ja, Home…) Manuel ist zurück.

Manuel:
[4:35] Genau. Dann sind wir in Xalapa und Veracruz und dann in Mexiko-Stadt. Das sind die vier Orte. Und dann in Kalifornien sind wir in San Francisco.

Cari:
[4:48] Richtig. Wir fahren auch noch zu zwei anderen Städten, besuchen dort aber vor allem Universitäten. San Francisco ist unser einziges öffentliches Meetup, fällt mir gerade auf. Könnte sein, dass sich dann Leute beschweren aus Südkalifornien. Wir haben aber tatsächlich die meisten Nachrichten … Wir haben ja schon mal euch gebeten, uns eine Nachricht zu schicken. Die meisten haben wir aus San Francisco bekommen und deswegen haben wir jetzt nur in San Francisco geplant. Falls ihr aus Südkalifornien seid und uns gerne treffen wollt, dann …

Manuel:
[5:19] Pech. Geht nach … Ihr habt ja Disneyland. Ihr könnt ja dann dafür zu Disneyland. Das ist ja auch ganz schön.

Cari:
[5:24] Also falls ihr in Südkalifornien seid und unbedingt wollt, dass wir da auch noch was machen, schreibt uns. Wir haben jetzt allerdings schon die Zeit so ziemlich verplant. Manuel schüttelt mit dem Kopf.

Manuel:
[5:35] Die ist … Es ist sowieso schon alles auf den letzten Drücker. Wir werden wahrscheinlich nicht noch zusätzliche Events planen können, vermute ich mal.

Cari:
[5:42] Okay. Aber wir freuen uns, wenn ihr alle kommt nach … in diese Städte, die wir gerade genannt haben. Es wird aufregend.

Manuel:
[5:49] Easygerman.org/meetups, wollte ich noch mal sagen.

Cari:
[5:53] Danke.

Thema der Woche: Die Lage in der Ukraine

Cari:
[5:59] Manuel, heute ist unsere letzte reguläre Episode. Nächste Woche geht es weiter mit zwei Episoden, die wir schon aufgenommen haben. Und heute ist Weihnachten. Das ist für viele ein Fest, das sie gerne feiern. Und wir möchten aber die Zeit noch mal nutzen und diese Episode einem Thema widmen, das auch wichtig ist, das uns alle sehr geprägt hat in diesem Jahr, und das ist die Lage in der Ukraine und vor allem auch die Menschen in der Ukraine, die entweder dort noch wohnen oder jetzt in anderen Ländern sind, wie zum Beispiel in Deutschland. Wir haben auch eine große Community, wir haben viele Zuhörer*innen in der Ukraine, haben mit vielen Kontakt gehabt am Anfang des Krieges, mit einigen auch gehalten. Wir haben öfter schon darüber berichtet, dass wir auch immer noch kostenlose Deutschkurse anbieten für Ukrainer*innen. Und wir haben tatsächlich Nachrichten bekommen. Wir haben ja vor Kurzem einen Aufruf gemacht und daraufhin haben uns doch einige Leute geschrieben, wie es ihnen geht.

[7:02] Das Thema ist natürlich nicht einfach und wir wissen, dass viele auch überfordert sind mit der Nachrichtenlage und ja. Wir glauben, dass es aber trotzdem wichtig ist, sich damit zu beschäftigen, gerade zu Weihnachten. Das ist ja eigentlich so ein bisschen die Idee von Weihnachten, dass man, ja, vielleicht auch an Menschen denkt, denen es nicht so gut geht, auch wenn man selber zu Hause sitzt. Das ist natürlich ein Widerspruch, jetzt an so einem Tag auch über Krieg und, ja, solche negativen Gefühle zu hören, aber diesen Widerspruch, denke ich, muss man auch aushalten. Und es ist auch wichtig, dass wir irgendwie gerade an so einem Tag an Menschen denken und vielleicht auch etwas unternehmen, Geld spenden, darüber reden. Und das wollen wir heute mal machen.

Manuel:
[7:49] Ganz genau. Und wir sind eben in dieser besonderen Situation, dass wir Menschen auf der ganzen Welt kennen oder umgekehrt, Menschen auf der ganzen Welt uns kennen und wir, wie du schon gesagt hast, viele Nachrichten bekommen haben von Menschen direkt aus der Ukraine. Und unter anderem hat uns Eva eine E-Mail geschrieben und uns berichtet aus erster Hand, wie die Lage gerade ist, was die Energieversorgung betrifft. Also es ist ja so, dass Russland gerade ganz gezielt die Infrastruktur bombardiert in der Ukraine und dort also landesweit an ganz, ganz vielen Orten einfach der Strom fehlt oder zumindest über Stunden jeden Tag aus ist. Und wenn der Strom fehlt, dann fehlt auch ganz viel anderes. Die Heizung fällt aus, das Mobilfunknetz fällt aus. Und natürlich … Man kann sich das fast gar nicht vorstellen, also es bricht dann eigentlich alles zusammen. Krankenhäuser können nicht mehr richtig arbeiten, die Geschäfte müssen dann irgendwie früher oder später schließen.

[8:58] Und das ist wirklich eine Ausnahmesituation, die ganz bewusst (herbeigeführt) wird. Ich lese mal einen kleinen Ausschnitt vor aus der E-Mail von Eva: "Die Situation im Land ist unglaublich schwierig. Viele Menschen verlassen das Land aufgrund des eiskalten Winters und der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Stagnation im Geschäft. Viele haben Angst vor Beschuss, weil niemand weiß, wo die russische Rakete beim nächsten Luftangriff landen wird. Die Menschen leben in Aufregung, aber lassen sich nicht von der Angst überwältigen. Jeder hilft Nachbarn, Familie, Freunden im Rahmen seiner Kräfte und Fähigkeiten." Ja. Das ist ein kleiner Einblick von Eva gewesen.

Cari:
[9:42] Wir haben noch einige andere Einblicke. Einige von euch haben uns Sprachnachrichten geschickt, was ich besonders eindrücklich finde, denn es ist immer noch was anderes, ob wir eine Nachricht vorlesen mit unserer Stimme oder ob man eure Stimmen hört. Unter anderem hat auch Anna uns berichtet, wie das Leben eigentlich aussieht im Moment in der Ukraine. Du hast gerade schon von Stromausfällen gesprochen und ja. Vielleicht können wir mal reinhören.

Audionachricht:
[10:08] Hallo, liebe Cari, lieber Manuel und lieber Janusz. Ich heiße Anna und ich komme aus der Ukraine. Und ich wollte euch vor allem danken für Ihre (eure) Arbeit und für alles, was ihr macht, für die Easy German Videos und für diesen Podcast. Das alles finde ich sehr hilfreich und sehr interessant, wirklich sehr interessante Inhalte. Und auch wollte ich euch sagen, dass ihr schon zu meinen guten Freunden geworden seid, weil ich stets und ständig mit Ihnen die Gespräche in meinen Gedanken und in meinem Kopf führe. Und das finde ich sehr wichtig, besonders jetzt, um meinen Verstand nicht komplett zu verlieren. Ich wollte euch auch kurz über die Situation mit dem Strom berichten. Wir haben nämlich hier ganz oft Lichtabstellungen und wir haben sogar diese Lichtabstellungspläne, aber … Also, ab und zu kann das Licht einfach so ausgehen, weil es eine Notsituation gibt oder weil es eine andere Bombardierung und ein anderer Angriff war.

[11:22] Aber wir sollen uns anpassen. Es ist ein bisschen kompliziert jetzt. Heute zum Beispiel sollte ich den ganzen Tag quasi ja ohne Licht sein und ich sollte auch irgend(einen) Ort finden, um meine Powerbank aufzuladen. Und mein Handy ist jetzt schon fast kaputt, also ja, die Batterie ist schon fast leer. Ja, aber trotzdem wollen wir uns nicht aufgeben und wir wollen für unsere Unabhängigkeit kämpfen. Und das betrachte ich persönlich als Preis, den wir zahlen sollen. Ja, das ist quasi über die Situation. Tschüss und liebe Grüße aus der Ukraine.

Cari:
[12:16] Das kann man sich irgendwie hier gar nicht vorstellen, ne? So ohne Strom zu leben. Ich muss sagen, ja, ich hatte das, glaube ich, in meinem Leben noch nicht. Vielleicht, hier fällt manchmal so der Strom aus, aber der ist dann meistens nach, weiß nicht, spätestens einer halben Stunde wieder da. Hast du das schon mal irgendwo erlebt, Manuel, dass man keinen zuverlässigen Strom hat?

Manuel:
[12:36] Auch nicht langfristig. Also, auf vielen Reisen, in vielen Ländern ist das ja dann üblich, dass der Strom mal, immer mal wieder ausfällt für eine halbe Stunde, aber eben so langfristig und im tiefsten Winter, das habe ich auch noch nicht erlebt.

Cari:
[12:51] Ja, es ist, ist schon … ist schon krass. Was mich aber auch beeindruckt, ist, dass die Leute irgendwie … Also das hatte ja auch Eva geschrieben, dass die Leute so zusammenhalten in der Krisenzeit und dass das auch viele als Ermutigung wahrnehmen, dass … ja, zumindest gibt es weniger Streit, weniger Neid. Die Leute geben sich alles, was sie können. Hören wir mal weiter.

Manuel:
[13:13] Ja, dann hat uns noch Wolodomir eine Audionachricht aus Kiew geschickt.

Audionachricht:
[13:21] Hallo Cari, hallo Manuel. Ich heiße Wolodomir, ich wohne in Kiew und arbeite hier als Arzt. Wie viele habe ich auch daran nicht geglaubt, dass so was in diesem Jahrhundert möglich ist, aber heutzutage habe ich mich fast daran gewöhnt, mit Luftangriffen, Stromausfällen und Alarmen umzugehen. Über schreckliche Dinge will ich hier nicht viel reden. Ich würde lieber sagen, dass die Leute offener und einfach freundlicher miteinander geworden sind. Manchmal ist es natürlich schwer, vor allem moralisch, aber die Erleichterung kommt, wenn man an die Menschen denkt, die uns beschützen und in diesem Moment ihr Leben riskieren. Dann ist das irgendwie komisch, wegen des fehlenden Stroms zu jammern. Ich wollte auch sagen, dass mir persönlich euer Podcast hilft, indem er mich von diesen Dingen ablenkt. Sogar der Luftalarm scheint ein bisschen kürzer zu sein, wenn ich mir euren Podcast anhöre. Ja, ich habe es mehrmals überprüft. Also, vielen Dank für eure Hilfe, für eure Stimmung, die ihr vermittelt. Viele Grüße aus Kiew. Tschüss!

Manuel:
[14:55] Das ist für mich total irreal oder so surreal, dass wir jetzt einen Podcast machen. Ich fühle mich immer noch nicht so, wenn wir hier sitzen und aufnehmen, als ob uns überhaupt irgendwer zuhört. Aber dann zu wissen, dass uns Leute zuhören, die gerade im Krieg sind und in einer wirklich schlimmen Lage sind und uns dann so eine Nachricht schreiben, das ist krass irgendwie.

Cari:
[15:21] Es ist wirklich krass. Ich muss sagen, als ich das, als ich die Nachricht von Wolodomir gestern zum ersten Mal gehört habe, hatte ich, habe ich echt ein bisschen geweint, weil mich das so berührt hat, dass du dir die Zeit genommen hast, uns diese Nachricht zu schicken. Gleichzeitig fand ich es auch, ich habe auch gedacht irgendwie: Verrückt. Wir sitzen hier und labern so viel belangloses Zeug in, irgendwie, verglichen mit dem, was ihr dort erlebt. Und oft haben wir auch diesen Konflikt, dass wir denken: Okay, reden wir genug über das, was gerade passiert oder ist es vielleicht auch gut, weil wenn wir den ganzen Tag drüber reden … Es ist ja so, so wie mit den Nachrichten. Das betrifft uns, aber das betrifft auch die Leute, die im Krieg leben. Man kann einfach nicht den ganzen Tag nur über schlechte Dinge reden, sondern man will auch versuchen, sich abzulenken und zwischendurch zu lachen und zwischendurch noch an die guten Dinge zu … Also man braucht ja auch die Hoffnung. Und das ist irgendwie interessant, dass du dir dann beim Luftalarm so einen Deutschlernpodcast anhörst und irgendwie mit uns die Zeit verbringst, obwohl wir so, vielleicht in Gedanken so weit weg sind von dem, was passiert.

[16:31] Noch eine ganz andere Nachricht hat uns Oleksandra geschrieben, die fand ich auch sehr interessant. Sie hat nur so eine ganz kleine Episode darüber geschrieben, was in den besetzten Gebieten passiert. Man darf ja nicht vergessen, dass Russland schon ein, ja, große Gebiete besetzt hat. Und dort passieren schreckliche Dinge und manche Leute leben dort auch einfach jetzt unter der russischen Okkupation. Oleksandra lebt selber in der Schweiz, aber ihre Mutter lebt noch auf der Krim, also dem Gebiet, das Russland ja schon 2014 besetzt hat. Und sie hat dann eine interessante Geschichte. Sie schreibt: "Vor circa einer Woche wurde meine Mutter vom Föderalen Sicherheitsdienst angerufen und zum Verhör eingeladen." Was ist ein Verhör, Manuel?

Manuel:
[17:19] Na, wenn man quasi zur Polizei muss und dann aussagen muss, weil man vielleicht etwas falsch gemacht hat oder weil man Zeuge ist für etwas, für ein Verbrechen.

Cari:
[17:31] Ja. Verhör ist meistens, wenn man selber beschuldigt wird.

Manuel:
[17:33] Wenn man selbst beschuldigt ist, ja.

Cari:
[17:35] Sie schreibt weiter: "Ein Grund dafür ist mein Post über den Krieg auf Instagram, den meine Mama kommentiert hat. Jetzt hat sie eine Verwarnung bekommen, aber falls ich noch etwas Kompromittierendes auf Instagram schreibe, kann meine Mama dafür bestraft werden. Ein Fazit dieser Nachricht: Demokratie ist es wert, dafür zu kämpfen." Also das ist wirklich irre, ne? Sie lebt in der Schweiz, sie … also, sowieso kann sie posten, was sie will. Und ihre Mutter wird dann dafür von russischen Soldaten zum Verhör vorgeladen. Also das zeigt für mich so richtig diese Absurdität.

Manuel:
[18:15] Ja. Ja, und dieses Drohen, mit dem Russland da arbeitet. (Ja.) Ja, viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind geflüchtet, darüber haben wir schon oft geredet. Und Olena ist aus der Ukraine nach Deutschland gekommen mit ihren Kindern. Und auch sie hat uns eine Audionachricht geschickt.

Audionachricht:
[18:40] Hallo, Cari und Manuel. Mein Name ist Olena, ich bin Ukrainerin. Seit neun Monaten bin ich nach Deutschland wegen des Krieges umgezogen. Am Anfang des Krieges war ich mir sicher, dass ich zu Hause bleiben würde, egal was passiert. Aber nachdem wir zwei Wochen im Luftschutzbunker mit unseren Kindern gewohnt und zwei heftige Explosionen überstanden haben, bei denen zwar das Haus selbst nicht beschädigt wurde, aber die Fenster herausgeflogen sind, waren wir gezwungen, ins Ausland zu gehen. Als (nachdem) Russland ganz am Anfang die Zivilbevölkerung massiv getötet hat, indem es Wohngebäude und überfüllte Orte bombardiert hat, tötet uns dieses terroristische Land jetzt auf andere Weise. Es entzieht uns Licht, Wärme und Wasser, im Winter, wenn es besonders überlebenswichtig ist. (Das) Energiesystem der Ukraine (ist) derzeit in einem sehr kritischen Zustand. Mehr als die Hälfte davon ist beschädigt. Infolgedessen bleiben mehr Städte bis zu drei Tage ohne Strom. Und die schlimmste Situation ist in Kiew, Odessa, Charkiw, wo Millionen von Menschen leben.

Cari:
[20:08] Ja, was ich interessant fand an dieser Nachricht, ist, wie … ja, wie schwierig das ist eigentlich mit diesem, mit dieser, also diese Frage zu beantworten: "Bleibe ich hier oder gehe ich?" Und … Also ich weiß ja von vielen, die wir auch schon selber getroffen haben, dass es einfach völlig schwierig ist, dann auch hier in einer Welt zu leben. Also es ist ja nicht unbedingt einfacher, zu gehen. Man ist da zwar selber in Sicherheit, man lässt aber irgendwie einen Teil seiner Familie zurück, der nicht in Sicherheit ist. Und das, ja, ist auch irgendwie furchtbar. Eva, die wir eben schon vorgel… die du eben vorgelesen hast, hat uns geschrieben, warum sie dortgeblieben ist. Sie schreibt: "Meine Familie und ich hatten die Möglichkeit, die Ukraine nach Polen oder Deutschland zu verlassen, aber für meine Mutter war es sehr belastend und ein psychologisches Trauma, das Heimatland zu verlassen. Und weil ich die Gruppensprecherin an der Universität bin und manchmal in das Gebäude der Uni fahren muss, um akademische Angelegenheiten zu regeln, wäre es schwierig, das Land zu verlassen. Unsere Familie hilft einander, Nachbarn und Nachbarinnen und Freund*innen auf jede erdenkliche Weise. Trotz aller Probleme gibt das ukrainische Volk nicht auf. Es glaubt an die Streitkräfte, es dankt den ausländischen Partnern für ihre Unterstützung und Ausrüstung und es glaubt an den Sieg der Ukraine, der unbedingt kommen wird."

Manuel:
[21:29] Ja. Das ist so … Das vergisst man, glaube ich, auch manchmal, dass ja … Also, was heißt, das vergisst man, aber dass, wenn man eben flüchtet, selbst wenn man, sage ich mal, jetzt nicht total arm ist und sich vielleicht auch es leisten kann dann, eine richtige Wohnung zu mieten in Deutschland usw., ist es ja trotzdem so, dass es ein kompletter Neuanfang ist und man einfach alles stehen und liegen lässt, den Job stehen und liegen lässt, das Studium stehen und liegen lässt, die Familie, die noch dort ist, dann eventuell zurücklässt. Und deswegen ist es so oder so belastend, also selbst wenn man geflüchtet ist. Maksym hat uns auch eine Audionachricht geschickt, da geht es auch noch mal ein bisschen darum.

Audionachricht:
[22:17] Hallo, Cari und Manuel. Ich bin Ukrainer, der wegen dem Krieg nach Deutschland gekommen bin (ist). Ich wollte das aber schon lange vorher machen und vielleicht habe ich deswegen ein bisschen andere Erfahrungen gegenüber andere(n) ukrainischen() Flüchtlinge(n), aber (ich) habe () was auch zu sagen. Und erstens, vielen Dank an Deutschland für die mächtige Hilfe, und extra vielen Dank an (das) Easy German Team. Mithilfe von Easy German habe ich am Anfang eine vorübergehende Unterkunft in Münster gefunden. Und viele Grüße an Klaus und Ursula aus Münster. Es gibt natürlich Schwierigkeiten und Probleme in Deutschland, wie Wohnungssuche, deutsche Bürokratie und andere, aber generell, wenn man das vergleicht mit was meine Freunde, Bekannte jetzt in der Ukraine erleben, dann versteht man, dass Dinge, die wir als normal halten (sehen), hier ein Privileg ist (sind), wirklich. Und die Leute sitzen ohne Elektrizität, ohne Heizung. Und das ist leider unsere Realität, deswegen wollte ich mich nicht nur bedanken, sondern auch an alle, die zuhören, bitten: Lassen Sie sich informieren, sogar ein paar Mal pro Woche. Lesen Sie die Nachrichten, um ein vollständiges Bild zu haben und nicht zu vergessen, was passiert, und lesen (Sie) über diese Kriegsverbrechen, Grausamkeit usw. Und vergessen Sie bitte nicht, was jetzt passiert, ist (sind) die Konsequenzen von Entscheidungen von ein paar russische(n) Politiker(n) und leider mit Unterstützung von (der) russische(n) Bevölkerung. Vergessen Sie das bitte nicht. Und vielen Dank an Deutschland noch mal und vielen Dank an Easy German Podcast.

Cari:
[24:11] Danke schön, Maksym, für diese Nachricht. Da sind wir gleich schon beim letzten Thema: Was kann man selber tun? Bevor wir zu Ende sind mit den Nachrichten, wollte ich noch mal Danke sagen an alle Leute, die uns geschrieben haben und uns auch Nachrichten geschickt haben. Wir konnten nicht alle vorlesen und das tut mir ein bisschen leid. Auf der anderen Seite mussten wir jetzt ein paar auswählen. Vielleicht noch eine letzte Nachricht von Mariia. Sie ist fünfzehn, lebt alleine ohne ihre Eltern in Deutschland und sie ist gerade eine der Teilnehmer*innen in unserem Onlinekurs, die wir organisieren. Da auch noch mal vielen Dank an die Lehrerinnen und Lehrer, die dort mitmachen, und die haben uns diese Nachricht weitergeleitet. Sie hat auch geschrieben, dass es ihr in Deutschland am Anfang nicht so gut ging und sehr schwergefallen ist, hier, ja, die Sprache zu lernen, Freunde zu finden. Und mittlerweile geht es ihr aber besser, sie ist ein bisschen angekommen.

[25:09] Also das ist irgendwie für mich auch unvorstellbar, mit fünfzehn alleine, also, die Eltern im Krieg zurücklassen zu müssen. Und sie fährt jetzt tatsächlich nach Hause über Weihnachten. Sie schreibt: "Ich komme aus der Westukraine, sodass wir keine Grenze mit Russland haben. Aber es gibt kein Licht, kein Wasser und manchmal kann ich nicht mit meinen Eltern telefonieren. Aber das ist der Krieg und das ist Russland. Das, was mich freut, ist, dass ich in die Ukraine fahre, und am Donnerstag kann ich meine Eltern sehen und auch Weihnachten feiern." Das freut mich. Mariia, ich hoffe, du hast eine gute Fahrt. Ich hoffe, dass ihr auch trotzdem irgendwie Weihnachten feiern könnt, auch wenn es dieses Jahr alles anders ist und alles schwierig ist. Und Manuel, was kann man denn jetzt tun, wenn man das alles gehört hat?

Manuel:
[25:56] Ja, Maksym hat das gerade schon gesagt. Es ist einfach wichtig, dass man informiert bleibt. Also so simpel, wie das klingt, aber wir haben auch in der letzten Episode, als es um den Iran ging, darüber gesprochen. Es ist einfach wichtig, dass so ein Krieg nicht irgendwie in Vergessenheit gerät international, sondern dass weiterhin Druck aufgebaut wird, diplomatischer Druck, und dass wir alle uns dafür interessieren und auch Stellung beziehen. Das ist so das Mindeste, denke ich, dass man eben darüber spricht und das Ganze nicht vergisst. Und dann kann man natürlich auf jeden Fall sich engagieren, entweder, indem man seine Zeit spendet und sich freiwillig engagiert. Da gibt es zum Beispiel in Berlin, glaube ich, immer noch Möglichkeiten, für die, die ankommen.

Cari:
[26:49] Richtig, ja. Also ich habe jetzt mal eine Organisation hier aufgeschrieben, aber es gibt natürlich viele. Und wenn ihr irgendwo seid in einem Land, wo es Geflüchtete gibt, das ist ja eigentlich in ganz Europa der Fall, vor allem natürlich in Polen, in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, die angrenzen an die Ukraine, wie Tschechien, Rumänien, dann schaut doch mal, was es vor Ort gibt in eurer Stadt. In Berlin zum Beispiel gibt es den "Berlin Arrival Support", die immer noch wichtige Hilfe leisten für die Menschen, die ankommen und die, die schon hier sind. Wir haben die mal in einer Episode vorgestellt. Und natürlich spenden, spenden, spenden. Also das ist etwas, was man nicht vergessen sollte. Uns geht es oder vielen geht es in dieser Situation jetzt schlechter, wir haben Inflation durch den Krieg auch, sind die Preise auch bei uns gestiegen. Aber ich glaube, uns geht es doch hier immer noch verhältnismäßig gut und ich glaube, jeder hat vielleicht etwas übrig.

[27:44] Wir werden mal, für die von euch, die vielleicht noch gar keine Organisationen kennen oder vielleicht auch keine Zeit haben, sich da zu informieren, werden wir mal ein paar Informationen verlinken in unseren Show Notes, dann könnt ihr mal gucken, ob ihr vielleicht einer dieser Organisationen spenden möchtet. Da ist zum Beispiel immer noch die Organisation "YOUkraine" dabei, die wir hier mal in der Episode mit Jesse Alexander vorgestellt haben, der tatsächlich am Ende mit seinem Krankenwagen in die Ukraine gefahren ist, hat er mir heute berichtet. Das werden wir auch noch mal verlinken. Und ihr könnt auch immer noch an unsere verbundene NGO spenden, die heißt "The Global Experience". Die habe ich mitgegründet und wir sammeln tatsächlich Geld. Wir brauchen nicht so viel, also, ein paar hundert Euro würden uns schon reichen, um unsere Kurse fortzusetzen. Die meisten unterrichten freiwillig, aber wir haben dort auch eine junge Ukrainerin, die selber geflüchtet ist und die wir dafür bezahlen, dass sie andere Ukrainer*innen unterrichtet. Dafür brauchen wir auch weiterhin Unterstützung. Wenn ihr große Spenden habt, dann spendet die auch gerne an die anderen Organisationen, die wir verlinken. Das kann doch, da kann doch jeder was Kleines machen.

Manuel:
[28:59] Absolut. Wenn man ein teures Smartphone in der Hand hält und damit unseren Podcast hört, dann gehört man wahrscheinlich zu denjenigen, die dann ein bisschen spenden können. Und das ist ja auch an Weihnachten ein guter Zeitpunkt, auch wenn man seine Spenden nicht nur auf Weihnachten konzentrieren sollte, sondern am besten das ganze Jahr über.

Cari:
[29:20] So machst du das, ne?

Manuel:
[29:20] So mache ich das, genau. Am besten einfach eine fixe Regel setzen.

Cari:
[29:25] Du hast natürlich einen Plan zum Spenden auch, Manuel.

Manuel:
[29:28] Ich habe einfach ein Budget, damit das nicht in Vergessenheit gerät. Also ich bin manchmal ein bisschen überrascht, wenn man so die Durchschnittszahlen liest, also. Viele Menschen spenden halt ab und zu, wenn sie auf der Straße angesprochen werden oder an Weihnachten. Und ich finde, das ist, wenn man in einem Land wie Deutschland lebt und gut verdient, ist das einfach zu wenig. Aber das muss natürlich jeder selbst entscheiden am Ende. Cari. (Manuel.) Das war eine wichtige Episode. Wir denken an euch alle, die ihr im Moment eine schwere Zeit durchlebt. Und wo auch immer ihr seid, wir wünschen euch schöne Feiertage, was immer ihr feiert in diesen Tagen.

Cari:
[30:10] Ja. Manche von euch Weihnachten, manche vielleicht Chanukka. (Genau.) Manche vielleicht von euch auch einfach den Jahresabschluss. Das ist … Ich weiß gar nicht, ob das nur in den nördlichen Ländern so ist, dass das so eine (ein) bisschen spirituelle Zeit ist. Ich zum Beispiel gucke da immer noch mal auf das Jahr: Was ist passiert? Lass es Revue passieren. Für mich, ich liebe diese Zeit nach Weihnachten eigentlich.

Manuel:
[30:32] Ja. Und das ist ein guter () Stichpunkt. Wir lassen in den nächsten zwei Episoden unser Jahr Revue passieren und teilen aber auch mit euch, was wir uns nächstes Jahr alles vorgenommen haben und welche Ziele und Pläne und Vorsätze wir haben. Diese beiden Episoden sind schon im Kasten. Wir machen jetzt eine kleine Pause, aber ihr habt keinen Ausfall, ihr könnt weiter Easy German hören. Und dann hören wir uns im Januar wieder von unserer Reise.

Cari:
[31:02] Aufregend, Manuel. Ich, ja, freue mich, die beiden Episoden zu Silvester sind schön geworden, also, die ihr dann hört.

Manuel:
[31:10] Ja, finde ich auch.

Cari:
[31:11] Du hast schon alles gesagt. Ich freue mich auch auf die Reise. Ich hoffe, dass alles klappt. Es ist … Ihr werdet live dabei sein und uns verfolgen. Danke schön an alle, die ihr uns geschrieben habt, und bis bald!

Manuel:
[31:22] Bis bald!